Extrem zu warm, zu sonnenreich, zu trocken
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Wetter 2020 im Freistaat Sachsen erneut mit neuen Rekordwerten
„Ohne Wasser, merkt euch das, wär unsre Welt ein leeres Fass“, dichtete einst Isaak Dunajewski. Auf diesen Zustand eines „leeren Fasses“ steuert der Freistaat Sachsen nach Meinung der Experten zunehmend hin, wenn sie die Entwicklung des Wetters in der jüngeren Vergangenheit analysieren und für die Zukunft prognostizieren.
Beim 9. gemeinsamen Pressegespräch des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) und des Deutschen Wetterdienstes unter dem Motto „Wetter trifft auf Klima“ sprachen die Fachleute von einem zunehmenden „Durst der Atmosphäre“, der für die Zukunft in Sachen Klimaentwicklung nicht viel Gutes ahnen lässt.
„Die Zahlen gerade der drei vergangenen Jahre belegen eindrucksvoll, dass wir uns mitten im Klimawandel befinden, der zweifelsohne zum übergroßen Teil menschengemacht ist und die natürlichen Veränderungen maßgeblich überprägt“, erklärte Dr. Johannes Franke vom LfULG. „Entscheidender Treiber dieser Entwicklung ist die enorme Emission von Treibhausgasen, die sich auch in der Corona-Pandemie fortsetzt und den Treibhauseffekt weiter verstärkt.
Diese Grafik (li.) belegt, dass im gesamten Freistaat Wasserknappheit herrscht, was sich auf die Erträge in Landwirtschaft und Gartenbau negativ auswirkt. Grafik (mi.) – Die Projektion der Entwicklung der Lufttemperatur in Sachsen bis zum Jahre 2100 lässt für die Zukunft nicht viel Gutes erwarten. Grafik (re.) – Schon immer gab es Schwankungen in den Niederschlagsmengen, doch das enorme Defizit in den drei zurückliegenden Jahrzehnten ist seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahre 1881 ohne Vergleich. Grafiken: LfLUG
Die wärmere Luft kann pro Grad Erwärmung siebenmal mehr Wasserdampf aufnehmen und so die Wolkenbildung unterdrücken – und verhindert so die dringend benötigten Niederschläge. Höhere Temperaturen und verstärkte Sonneneinstrahlung erhöhen den Durst der Atmosphäre, die dem Erdboden dringend benötigte Feuchtigkeit zusätzlich entzieht.“
2020 war in Sachsen das dritte Jahr in Folge mit zu wenig Niederschlag, zu hohen Temperaturen und überdurchschnittlich viel Sonnenschein, was die Trockenheit weiter vorangetrieben hat. In Sachsen handelt es sich um die drei wärmsten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881.
Als besonders markant bewerteten die Experten die Tatsache, dass sich der Witterungsverlauf von 2018 und 2019 im Vorjahr gleichartig fortgesetzt hat. „Der Vergleich mit aktuellen Klimaprognosen für den Freistaat zeigt, dass im Hinblick auf Lufttemperatur und Sonnenstunden in den vergangenen zehn Jahren bereits jener Zustand eingetreten ist, der bei ehrgeizigem Klimaschutz erst zum Ende des 21. Jahrhunderts erwartet wurde.
Das Jahr 2020 war in Sachsen mit 2,2 Grad „extrem zu warm“, mit 23 % mehr Sonnenstunden „viel zu sonnenreich“ und mit 9 % weniger Niederschlag „zu trocken“. Bis auf das Frühjahr waren alle Jahreszeiten „extrem zu warm“, ergänzte Falk Böttcher vom DWD, Außenstelle Leipzig. „Deshalb setzte der Vegetationsbeginn mehr als zwei Wochen früher ein.”
Doch Spätfröste, deren Gefahr trotz des Klimawandels weiterhin besteht, trafen im März und Mai auf die bereits fortgeschrittene Vegetation und verursachten Schäden im Obst- und Gemüseanbau. An Äpfeln der Sorten ‘Pinova’ und ‘Golden Delicious’ zeigten sich Frostzungen. Seit 2015 gehen die Erträge bei Apfel, Birne, Sauerund Süßkirschen bei Qualitätseinbußen kontinuierlich zu rück. Weil vor allem das Frühjahr mit 47 % mehr Sonnenstunden „extrem zu sonnenreich“ und mit 39 % weniger Niederschlag „extrem zu trocken“ war – gerade dann, wenn das Pflanzenwachstum beginnt und mehr Wasser als im weiteren Jahresverlauf benötigt wird. Die Trockenheit im Frühjahr stellt bereits die Weichen für die Dürre im Sommer. Deshalb erreichten beispielsweise Zwiebeln 2020 nicht die erforderliche Kalibergröße, Ertragseinbußen gab es auch bei Markerbsen und Buschbohnen, was nicht durch Bewässerung abgefangen werden konnte.
Diese Auswirkungen der Trockenheit haben sich jedoch bereits seit dem Herbst 2013 aufgebaut. Seitdem traten verstärkt atmosphärische Störungen auf, die die Ausbildung von Trockenheit begünstigen bzw. vorantreiben. Das kontinuierlich aufgebaute Niederschlagsdefizit im Wasserhaushalt hat sich 2020 weiter verstärkt. „Es herrscht Wassermangel!“, so das Urteil der Experten. „Das Defizit ist inzwischen so massiv, dass es einen wochenlangen Landregen oder eine langsame Schneeschmelze geben müsste, um den Wasservorrat wieder aufzufüllen – denn nur so kann das Wasser in den Boden einsickern und muss nicht oberflächlich abfließen“, erläuterte Falk Böttcher.
Durch diese Entwicklung hat sich auch die Grundwasserdürre weiter verschärft und einen neuen Tiefststand erreicht – in den vergangenen 50 Jahren ist der Grundwasserstand um weitere 80 cm auf nunmehr 5 m unter Gelände abgesunken. Viele Gartenfreunde nicht nur im ostsächsischen Raum müssen feststellen, dass ihre Tiefbrunnen nach und nach trocken fallen. Nicht erst im vergangenen Jahr war in vielen Landkreisen die Entnahme von Gießwasser aus Fließgewässern wegen deren niedrigem Pegelstand untersagt.
Normale Niederschlagsverhältnisse im Jahr 2021, das im Januar schon wieder zu mild war, würden kaum helfen, um das kumulierte Niederschlagsdefizit von 800 l/m2 insgesamt – mehr als eine durchschnittliche Jahresniederschlagsmenge – und den Wassermangel in den tieferen Bodenschichten auch nur halbwegs wieder auszugleichen, blickte Werner Sommer vom LfULG voraus.
„Wo Wasser fehlt, sinken die Erträge“, konstatierte er. Als Gegenmaßnahmen für die Landwirtschaft , die in angepasster Form auch auf die Kleingärtnerei zutreffen, nannte er unter anderem eine neue Sortenauswahl, die Einrichtung von Abkühlflächen (Beschattungen), Änderungen bei der mechanischen Bodenbearbeitung (hacken statt umgraben) sowie das Mulchen im Gemüseanbau, um die Verdunstung zu verringern.
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