Vom hohen Leerstand zur langen Warteliste | KGV “Kultur” Leipzig
Stadtverband Leipzig der Kleingärtner e.V.
3 Min. Lesedauer
Kultur ist keine Kunst – so hieß Ende der 1980er-Jahre ein Programm des Leipziger Kabaretts „academixer“. Dass beide Dinge jedoch recht gut miteinander harmonieren, beweisen seit vielen Jahren die Gartenfreunde vom Leipziger KGV „Kultur“ in Anger-Crottendorf. Neben der (Klein-)Gartenkunst auf den insgesamt 169 Parzellen und auf den Gemeinschaftsflächen, auf denen beispielsweise ein Märchengarten nicht nur für die Jüngsten gestaltet wurde, gibt es Kunst in einem Künstlergarten, am Wegesrand und in der Holzwerkstatt sowie natürlich bei den jährlichen Sommerfesten auf der vereinseigenen Bühne. „In unserem Stadtteil ist nicht sonderlich viel los, deshalb sind die Anwohner in unserer 4,3 ha großen Anlage, die zum Kleingartenpark Süd-Ost gehört, gern gesehen, und wir strahlen mit unseren Angeboten bewusst auch auf das Wohnumfeld aus“, erläuterte Vereinsvorsitzender Holger Große.
Große Nachfrage nach den kleinen Gärten in wachsender Großstadt
Noch vor zehn Jahren lag in der Anlage jede zweite Parzelle brach, doch heute umfasst die Warteliste auf einen freien Garten 42 Familien, die sich inzwischen sehr lange gedulden müssen. Für diesen Umschwung hat jedoch nicht erst die Corona-Pandemie geführt, sondern der Wunsch vieler Bürger in der am stärksten wachsenden ostdeutschen Großstadt Leipzig nach einem eigenen Stückchen Natur mitten in der City . Die Zahl der Einwohner ist binnen 15 Jahren um 170.000 auf heute rund 650.000 gestiegen, Tendenz weiter zunehmend. Prognosen besagen, dass in der nächsten Dekade nochmals 100.000 Menschen hinzukommen werden.
Klar, dass selbst in der „Hauptstadt“ des deutschen Kleingartenwesens die vorhandenen rund 39.000 Parzellen den steigenden Bedarf nicht mehr annähernd decken können. „Alle Kleingartenanlagen sind über den Flächennutzungsplan als Grünflächen gesichert, und die Kommune stellt keine einzige Anlage zur Disposition“, bekräftigte Bürgermeister Heiko Rosenthal, der sich gern den Fragen der Jury des 25. Bundeswettbewerbes „Gärten im Städtebau“ stellte.
Ausweisung von zusätzlichem Kleingartenland kaum noch möglich
„In der wachsenden Stadt mit einem hohen Flächenverbrauch gibt es enorme Herausforderungen an die soziale Infrastruktur von den Kindertagesstätten über die Schulen und die ärztliche Versorgung bis zur Altenpflege, dass es schier unmöglich ist, neue Flächen für zusätzliche Kleingartenanlagen auszuweisen.“
Tafelgärten bleiben aus sozialer Verantwortung bestehen
Unsere Tafelgärten geben wir dennoch auf keinen Fall wieder her, wehrt der Vereinsvorstand ab. Die Gartenfreunde seien sich vielmehr ihrer großen sozialen Verantwortung für die Gesellschaft bewusst, zumal die Zahl jener Familien, die der Unterstützung auch in Form von Lebensmitteln bedürfen, keineswegs kleiner geworden ist – ganz im Gegenteil! Sicherlich wäre es für den Verein fi nanziell lukrativer, die Tafelgärten als Pachtgärten an neue Nutzer zu übergeben – statt der Übernahme der Kosten für Pacht, Strom- und Wasserverbrauch durch die Gemeinschaft der Mitglieder würde dann die Vereinskasse klingeln – und neben diesen eingesparten Kosten käme sogar noch der Mitgliedsbeitrag hinzu.
„Doch an solch eine Entwicklung verschwenden wir keinen Gedanken, denn seit dem ersten Spatenstich in unserer KGA im Jahre 2007 ist dieses Projekt bundesweit zu einer Erfolgsgeschichte geworden“, betonte Holger Große. „Und nicht zuletzt bleiben wir in unserem Verein damit auch unseren Wurzeln treu, denn die Gründungsväter hatten sich einst nicht nur die Garten-, sondern auch die Volkskultur – also die Jugendpflege – auf ihre Fahnen geschrieben. Und viele der in den Tafelgärten Tätigen sind nun einmal junge Menschen.“
Vor genau 15 Jahren erfolgte in der KGA „Kultur“ der erste Spatenstich für das inzwischen bundesweit erfolgreiche Projekt „Tafelgärten“, dem sich die Gartenfreunde nach wie vor verpflichtet fühlen. Foto: ps
Unsere Tafelgärten geben wir dennoch auf keinen Fall wieder her, wehrt der Vereinsvorstand ab. Die Gartenfreunde seien sich vielmehr ihrer großen sozialen Verantwortung für die Gesellschaft bewusst, zumal die Zahl jener Familien, die der Unterstützung auch in Form von Lebensmitteln bedürfen, keineswegs kleiner geworden ist – ganz im Gegenteil! Sicherlich wäre es für den Verein fi nanziell lukrativer, die Tafelgärten als Pachtgärten an neue Nutzer zu übergeben – statt der Übernahme der Kosten für Pacht, Strom- und Wasserverbrauch durch die Gemeinschaft der Mitglieder würde dann die Vereinskasse klingeln – und neben diesen eingesparten Kosten käme sogar noch der Mitgliedsbeitrag hinzu.
„Doch an solch eine Entwicklung verschwenden wir keinen Gedanken, denn seit dem ersten Spatenstich in unserer KGA im Jahre 2007 ist dieses Projekt bundesweit zu einer Erfolgsgeschichte geworden“, betonte Holger Große. „Und nicht zuletzt bleiben wir in unserem Verein damit auch unseren Wurzeln treu, denn die Gründungsväter hatten sich einst nicht nur die Garten-, sondern auch die Volkskultur – also die Jugendpflege – auf ihre Fahnen geschrieben. Und viele der in den Tafelgärten Tätigen sind nun einmal junge Menschen.“
Gemeinschaftsgärten fördern den Zusammenhalt untereinander
Aufgrund des zwischenzeitlichen Leerstandes mussten fast zwei Dutzend weitere Parzellen entrümpelt, planiert und für andere Nutzungen umgestaltet werden. Entstanden sind unter anderem ein Kinderspielplatz, der im vergangenen Jahr neue Spielgeräte erhalten hat, ein Grillplatz, Billardlaube und Bocciaspielfeld, ein Märchen- und ein Volierengarten, der sich inzwischen zu einem Vogellehrpfad entwickelt hat und nicht nur Kindern interessante Einblicke in die heimische Vogelwelt gewährt. Anhand von Schautafeln, Modellen und Nistkästen können sich die Besucher unter anderem darüber informieren, mit welchen Maßnahmen sie die Vogelwelt unterstützen und die gefi ederten Schädlingsbekämpfer in den Kleingärten heimisch machen können.
Vier Gartenfreunde kümmern sich um die gemeinschaftliche Kompostanlage, die einen natürlichen Stoffk reislauf sichert und letztlich auch dafür sorgt, dass in den Gärten keinerlei torfhaltige Substrate zum Einsatz kommen. Mit Blick auf den Klimawandel ist in den Gärten darüber hinaus das Wässern von Rasenflächen und auch der Einsatz von Beregnungsrobotern generell untersagt.
All diese Gemeinschaftsflächen sind Treffpunkte für Gartenfreunde und Anwohner gleichermaßen und fördern den sozialen Austausch auch mit ausländischen Pächtern, die unter anderem aus Syrien, Afghanistan, Russland, Rumänien, aus der Ukraine sowie aus dem Iran und Irak kommen, der Ausländeranteil unter den Pächtern liegt mittlerweile bei 25 %. Auch eine aus 45 Personen bestehende Studentengemeinschaft hat inzwischen einen Kleingarten übernommen.
Unverzichtbare Rückzugsorte für viele Tier- und Pflanzenarten
Dass Kleingartenanlagen eine weitaus höhere Artenvielfalt aufweisen als städtische Grünflächen wie Parks ist inzwischen hinlänglich bekannt. In der KGA „Kultur“, die beispielsweise eine große Eidechsen-Population beherbergt, darf sich die Natur seit vier Jahren einen am ehemaligen Bahndamm gelegenen Garten zurückerobern. In diesen grünen „Urwald“ zieht sich oftmals auch der „Vereinsfuchs“ zurück, und Vorsitzender Holger Große will lieber nicht wissen, was in diesem Dickicht noch so alles kreucht und fleucht. Auch in dieser Hinsicht wird die KGA „Kultur“ dem diesjährigen Motto des Bundeswettbewerbs „Kleingärten: Stadtgrün trifft Ernteglück“ mehr als gerecht.
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