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Stirbt der Igel aus?

in Artenvielfalt

Artenvielfalt im Kleingarten

(1) Dieser Jungigel ließ sich für ein Stückchen Katzenfutter, mit dem die Tiere aufgepäppelt werden können, auf ein kurzes Fotoshooting ein. (2) Engerlinge wie beispielsweise vom Nashornkäfer finden Igel sowohl im Kompost- als auch im Laubhaufen. Fotos: Alexandra Menke/pixelio.de, Brumm

Die klare Antwort lautet leider: „Ja“!
Die Populationen der Igel gehen stark zurück. Zu den Hauptursachen gehören der Verlust des Lebensraumes, eine veränderte Landwirtschaft und die Urbanisierung. In Deutschland gelten die Igel als noch nicht direkt vom Aussterben bedroht, dennoch ist ihre Bestandsdichte stark rückläufig. Die Land- und Forstwirtschaft in ihrer aktuellen Praxis hat ihren natürlichen Lebensraum weitgehend zerstört. Auch aufgeräumte Klein- und Hausgärten sind kein geeigneter Lebensraum für den Igel.

Dabei spielten ihre Vorfahren – die Insektenfresser – in der Evolution der Säuger eine entscheidende Rolle. Alle heutigen Säugetiere stammen von den ersten Insektenfressern ab. Mit großer Wahrscheinlichkeit haben die kleinen Säuger schon zur Zeit der Dinosaurier eine Nische erobert, in der sie trotz der Übermacht der Dinosaurier überleben konnten. Fossile Funde der ersten direkten Verwandten der Igel sind ca. 60 Millionen Jahre alt. Die direkten Vorfahren der Igel (Erinaceidae) entstanden vor rund 53 bis 37 Millionen Jahren.

Biologische Vielfalt in unseren Kleingärten

Insekten als favorisierte Hauptnahrung brachten die Igel durch die Zeit. Jetzt schwindet diese schier unerschöpfl iche Nahrungsquelle – und das wird zunehmend zum Problem für die Igelpopulation. Den Klimaschwankungen der zurückliegenden Jahrmillionen konnten die Insekten trotzen, und schwindende Populationen erholten sich schnell bzw. ausgestorbene Arten wurden schnell durch neue Arten ersetzt. Der zumeist sorglose Einsatz von Chemie in der Landwirtschaft und Industrie setzt der Regenerationsfähigkeit der Insekten jedoch Grenzen. Somit ist das Fundament der Nahrungskette instabil geworden.

Igel sind gut bewährt mit Stacheln, und alle 25 Arten der Igel haben die Kunst der Anpassung weiter verfeinert. Das Stachelkleid der Igel wird aus ca. 8000 Stacheln gebildet und bietet einen relativen Schutz gegen Beutegreifer. Nur Greifvögel, Störche, Dachse und Füchse können Igeln gefährlich werden. Diese Form der passiven Verteidigung hat sie zu Überlebenskünstlern gemacht, aber auch das Stachelkleid des Igels hat Nachteile. Fliegen können ihre Eier in das Stachelkleid legen, und der Igel wird diese nicht wieder los. Zum Teil gehen die Fliegenmaden nicht nur an Verletzungen, sondern fressen den Igeln sogar die Augen aus. Dies betrifft besonders unterernährte Exemplare, und diese gibt es leider bei dem akuten Nahrungsmangel genügend.

Igel finden immer weniger Nahrung

(1) Ein unterernährter Jungigel wie dieser wird den nächsten (härteren) Winter wohl kaum überleben. (2) Laub ist ein wichtiger Schlüssel für das Leben – nicht nur – im Garten. Fotos: Brumm

Unsere Igel finden über den Sommer immer weniger Nahrung und gehen bereits geschwächt in den Winter. Ordnungsfanatiker unter den Kleingärtnern lassen keine Laubhaufen im Garten zu, aber genau diese benötigen viele Tiere für die kalte Jahreszeit. Normalerweise ist das Laub im Herbst ein guter Dung für den Garten – besonders, wenn die Anpflanzungen einem Kleingarten gerecht werden. Laub ist nicht nur gut für Igel, eine schützende Laubschicht kann auch unser wertvollstes Gut des Gartens schützen – den Mutterboden. Im Herbstlaub finden Igel immer noch Nahrung, was ihnen auf sauberem Boden kaum gelingt. Ein Laubhaufen im Herbst ist keine Schande im Kleingarten, denn ein Garten sollte ein Stück bewirtschaftete Natur sein und kein ausgelagertes Wohnzimmer.

Auch Spitzmäuse haben durch die Zurückdrängung ihrer Lebensräume große Not, ausreichend Nahrung zu finden. Foto: Brumm

Kranke und unterernährte Igel, welche Glück haben, von Menschen entdeckt zu werden und die von fachkundigem Personal in Auffangstationen gesund gepflegt werden, müssen irgendwann wieder in ihren natürlichen Lebensraum zurück. Hierzu bieten sich Kleingartenanlagen förmlich an.

Der Landesverband Sachsen der Kleingärtner wurde darauf hin bereits angesprochen, die Auswilderung von Igeln zu unterstützen. Lasst uns dieses Projekt angehen und unseren stacheligen Freunden helfen. Dies war auch Thema des Gespräches von Vertretern des LSK-Präsidiums mit dem Sächsischen Staatsminister für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft Wolfram Günther am 15. Mai 2024.

Wir müssen Lebensgemeinschaften erhalten und schützen, kein Lebewesen kann ohne ein intaktes Umfeld existieren.

Tommy Brumm, Natur- und Gartenzentrum Westsachsen der Schreberjugend