LV Sachsen Aktuell

Die Vielfalt der Arten schwindet

in Artenvielfalt

Artenvielfalt im Kleingarten

(1) Nicht nur der Admiral ist ein Brennnessel-Liebhaber. (2, 3) Gemeiner Bläuling, Großer Kohlweißling – Fotos: Brumm

Eigentlich wollte ich nur die neue Kameratechnik ausprobieren – und was ist optimaler dafür als ein heißer Sommertag. Das Ziel war klar, ein ehemaliger Blumenhang der Landesgartenschau 2009 in Reichenbach. Dort sind mir schon viele Bilder seltener Insekten gelungen. Der Tag versprach eigentlich eine gute Fotoausbeute. Das Ergebnis stellte leider den aktuellen Zustand der Artenvielfalt unserer Heimat dar. Natürlich ist ein einzelner Tag nicht völlig repräsentativ! Dank der Imker waren sehr viele Honigbienen unterwegs, aber sehr wenige Schmetterlinge. Eigentlich war dies für diesen Monat sehr ungewöhnlich, denn dieser Hang wimmelte vor einigen Jahren noch von Schmetterlingen.

Fundament der Artenvielfalt

Populationsschwankungen sind normal in der Natur, und viele Arten können Verluste ausgleichen, wenn die Rahmenbedingungen passen. Um die Rahmenbedingungen so optimal wie möglich zu fördern, ist die Anwesenheit bestimmter Pflanzen notwendig. Brennnesseln können in unseren Gärten viele Schmetterlingsarten fördern – Tagpfauenauge, Kleiner Fuchs, Admiral und das Landkärtchen benötigen diese Pflanze als Futterpflanze.

Mehrere Schmetterlingsarten brauchen die Brennnessel als Futterpflanze zu ihrer Vermehrung. (1) Die Raupen des Tagpfauenauges fressen ausschließlich Brennnesseln. (2, 3) Unsere Fotos aus vergangenen Jahren zeigen (v.l.): Kleiner Fuchs und Landkärtchen, die heute viel seltener anzutreffen sind. Fotos: Walter Eberl/pixelio.de, Brumm

Jeder dieser Falter ist auf seine Weise einzigartig, so zum Beispiel das Tagpfauenauge. Dieser Falter setzt als Schutz für seine Raupen auf Masse, seine Raupen schützen sich mit einem gemeinsamen Gespinst. Sie fressen ca. drei bis vier Wochen an der Futterpflanze und verfallen anschließend in eine zweiwöchige Puppenruhe. Dieser Schmetterling kommt auf zwei Generationen pro Jahr und nutzt gerne Gartenlauben als Überwinterungsquartier.

Ein weiterer Brennnesselliebhaber ist der Kleine Fuchs. Seine Strategie für die Raupengeneration ist ähnlich wie die des Tagpfauenauges, nur legt er seine Eier ausschließlich an junge Triebe der Brennnessel. Der Admiral setzt zum Schutz seiner Raupen nicht auf den Schutz der Gruppe, seine Raupen leben einzeln. Die Raupen des Admirals sind schwer zu entdecken, sie nagen die Stängel unterhalb der Spitze der Brennnessel an und bringen diese zum Abwelken. Anschließend spinnt sich die Raupe mit den Blättern ein. Die Zahl der Brennnesselliebhaber ließe sich noch beliebig verlängern, aber noch ein bemerkenswerter Vertreter ist das Landkärtchen. Lange Zeit nahmen Wissenschaftler an, es würde sich um zwei Arten handeln, denn dieser Falter bringt eine Frühjahrsgeneration und eine Sommergeneration hervor, welche eine unterschiedliche Farbgebung besitzen.

Blühflächen anlegen und richtig pflegen

Viele verschiedene Insektenarten finden sich auf Blühwiesen ein, wenn diese längere Zeit nicht gemäht werden, unter anderem auch Scherenbienen, Streifenwanzen (o.r.) und Trauerrosenkäfer (l.). Fotos: Brumm

Viele Bestrebungen, die Artenvielfalt zu fördern, sind gut gemeint, müssen aber zu Ende gedacht werden. An vielen kommunalen Wiesen tauchen jetzt Schilder mit dem Verweis „Bienenwiese“ auf. Man hat die Mähgänge stark reduziert und lässt die Wiese wachsen. Hauptsächlich Margeriten und Klee profi tieren davon. Mit großer Sicherheit siedeln sich auch mehr Insekten auf der Wiese an. Neben dem Ansinnen, die Artenvielfalt zu fördern, spielen auch die eingesparten Kosten eine Rolle, deshalb bleibt besonders bei der Mähtechnik alles beim Alten. Es werden weiterhin Rasentraktoren mit hochtourigen Mähwerken eingesetzt, und diese saugen jegliches Leben auf der Wiese ein. Deshalb, wenn es ernst gemeint ist, kommen hier eigentlich nur Balkenmäher in Frage, und das Mähgut muss einige Zeit liegen bleiben. Denn Wildtiere sind kein Nutzvieh, das man von der Wiese führt.

Tommy Brumm, Natur- und Gartenzentrum Westsachsen der Schreberjugend