Giersch – Unkraut und Heilmittel
Kräuterapotheke im Kleingarten
Der Giersch gilt in vielen Gärten als unbeliebtes Unkraut und treibt so manchen Kleingärtner schier zur Verzweiflung. Kein Wunder – die verzweigten Wurzeln begünstigen eine schnelle Ausbreitung und lassen sich nur schwer vollständig entfernen. Selbst gegen die meisten Herbizide sowie das gefürchtete Glyphosat ist der Giersch nahezu immun. Schwer vorstellbar also, dass die Pflanze in früheren Jahrhunderten in vielen Klostergärten absichtlich angebaut wurde und sich Mönche und Nonnen sogar über dessen starke Wüchsigkeit freuten.
„Unkraut“ dient als Wildgemüse
Denn der Giersch gehört zu den Heilpflanzen und hilft vor allem bei Rheuma und Gicht. Doch auch wer nicht an diesen Erkrankungen leidet, kann den Giersch in der Küche als vielfältiges Wildgemüse nutzen und das „Unkraut“ in zahlreichen Gerichten verwenden. Alle oberirdischen Pflanzenteile sind essbar und erinnern geschmacklich an eine Mischung aus Petersilie und Karotte. Die Blätter eignen sich beispielsweise als frischer Salat oder können – ähnlich wie Spinat – in Aufläufen, als Bratlinge, in Eintöpfen und Suppen sowie vielen weiteren Speisen verwendet werden. Auch für Pestos und Aufstrich oder als Grundlage für Limonaden ist der Giersch nutzbar. Dabei gilt: Je größer und älter die Blätter, desto intensiver der Geschmack, aber auch die Faserigkeit und die Bitterkeit.
Bevorzugt junge Blätter verwenden
Deswegen kommen in der Küche vorrangig junge Blätter zum Einsatz. Die oberirdischen Pflanzenteile enthalten unter anderem Carotin, Eisen, Kupfer, Magnesium und Calcium und bis zu dreizehnmal mehr Mineralstoffe als Grünkohl. Der Vitamin C-Gehalt ist viermal höher als in Zitronen, der von Eisen viermal höher als in Spinat. Während der Hungermonate der Weltkriege wurde die Pflanze deshalb als Vitaminlieferant genutzt und im großen Stil wild gesammelt. Aber Achtung – beim Sammeln besteht Verwechslungsgefahr mit anderen giftigen Doldenblütlern wie dem Wasserschierling oder der Hundspetersilie. Achten Sie deshalb auf den für den Giersch typischen dreieckigen Blattstiel.
Neben seinen schmackhaften und vitaminreichen Eigenschaften ist der Giersch ein wich tiger Bestandteil der heimischen Kräuterapotheke. Auf die heilende Wirkung gegen Gicht weist bereits der lateinische Name Aegopodium podagraria („Podagria“: Gicht) hin. Andere Namen sind Podagrakraut und Zipperleinkraut, die sich ebenfalls auf die Gicht beziehen. Weitere Trivialnamen wie Geißfuß, Dreiblatt oder Ziegenfuß sind regional verbreitet. Dabei wirkt das Kraut harntreibend und löst Harnsäure. Das hilft dem Körper, die für die Gicht ursächlichen Harnsäurekristalle auszuscheiden und lindert dadurch die Beschwerden der Erkrankung. Darüber hinaus besitzt der Giersch entzündungshemmende Eigenschaft en und wirkt lindernd bei rheumatischen Erkrankungen, die zum Beispiel durch Entzündungsprozesse in den Gelenken verursacht werden. Die harntreibende Wirkung hat sich zudem bei Blasenentzündungen bewährt. Weitere Anwendungsgebiete sind Verdauungsstörungen, Hämorriden, Ischiasschmerzen, Wunden, Sonnenbrand und Insektenstiche. Wie immer gilt jedoch, dass der Giersch nur lindernd wirkt und keine medizinische Versorgung der Erkrankungen ersetzen kann.
Mückenstiche im Garten lindern
Wer sich bei der Gartenarbeit verbrennt oder von einer Mücke gestochen wird, kann den Giersch direkt vor Ort nutzen. Einfach ein paar Blätter abzupfen, zwischen den Fingern verreiben und auf die betroffene Stelle legen. Frisch geerntet und verzehrt entfalten die Blätter, Stile und Knospen ihre Heilwirkung ebenso wie getrocknet als Tee oder Küchengewürz. Bei Hämorriden, Ischiasschmerzen, Insektenstichen und Co. werden die frischen Blätter zerrieben und als Umschläge auf den betroffenen Stellen genutzt. Gicht- und Rheumageplagten hilft zudem ein Bad mit einem Giersch-Sud.
Der Giersch ist an seinen gefiederten Laubblättern und den typischen Rhizomen im Erdreich erkennbar. Er liebt humose Ton- und Lehmböden mit einer hohen Stickstoffdichte und einem mäßig sauren Milieu und ist vorrangig in schattigen und feuchten Lagen unter Gebüschen und Bäumen zu finden. Im Kleingarten wird er in der Regel nicht aktiv kultiviert. Wer ihn dennoch anbauen möchte, sollte dies in Kübeln tun oder eine wirksame Rhizomsperre nutzen.
Kultivierung möglichst im Kübel oder ansonsten mit Wurzelsperre
Für die Kultivierung reichen einzelne Wurzelstücke (ganzjährig) oder Samen (im Frühling) aus, die einfach in die Erde gesteckt werden und sich dann rasch verbreiten. Wer bereits Giersch im Garten hat und ihn nicht mehr auf die klassische Art bekämpfen möchte, sollte ihn für die Hausapotheke und die Küche nutzen. Denn das regelmäßige Abzupfen der jungen Blätter sorgt dafür, dass sich die Ausbreitung verlangsamt und sich das Kraut besser kontrollieren lässt. Gesammelt werden kann von Mai bis Oktober, bei mildem Wetter auch länger.
Buschbohnen als Giersch-Stopp
Wer die Ausbreitung stoppen will, kann den Giersch mit einer Reihe Buschbohnen abgrenzen. Denn das Kraut mag die Bohnen nicht besonders und breitet sich in der Regel nicht über diese natürliche Grenze hin aus. Überwuchert der Giersch bereits Teile des Gartens, können Kartoffeln helfen. Dazu den Giersch samt Rhizome ausreißen und direkt Kartoffeln an die Stelle setzen. Diese wachsen schneller als der Giersch und unterdrücken eine erneute Ausbreitung. Beim Ernten der Kartoffeln können noch vorhandene Rhizom-Reste gleich mit entfernt werden. Ältere Blätter eignen sich ähnlich wie Brennnessel zudem als Grundlage für Pflanzenjauchen, sowohl einzeln als auch gemischt mit Brennnesseln.
Steckbrief: Johanniskraut
- Name: Aegopodium podagraria,
auch Geißfuß, Podagrakraut, Zipperleinkraut, Dreiblatt oder Ziegenfuß genannt; - Familie: Doldenblütler (Apiaceae);
- Verbreitung: Europa, bis in die Türkei und Sibirien, in Großbritannien, Irland, Nordamerika, Island, Japan und Neuseeland als Neophyt klassifiziert;
- Standort: halbschattig bis schattig, stickstoff reiche humose Ton- und Lehmböden mit mäßiger Säure, oft unter schattig-feuchten Gebüschen und Bäumen zu finden;
- Aussehen: ovale bis längliche Fiederblätter mit gezacktem Rand und dreieckigem Blattstiel, doppeldoldiger Blütenstand mit weißen Blüten, stark wuchernde Rhizome im Erdreich;
- Essbarkeit: alle oberirdischen Pflanzenteile sind essbar, verwendet werden in der Regel die Blätter, Blattstiele und Knospen, reife Samen eignen sich als Gewürz;
- Verwendung: Heil- und Wildgemüsepflanze als Tee, Bad und Umschlag oder ähnlich wie Spinat in Suppen, Pestos, Aufstrichen, Limonaden, Gemüsegerichten, Aufl äufen und mehr;
- Wirkung: entwässernd, harntreibend, harnsäurelösend, entzündungshemmend, antirheumatisch;
- Anwendung: bei Gicht und rheumatischen Erkrankungen, bei Sonnenbrand und Insektenstichen, bei Blasenentzündung und Verdauungsbeschwerden;
- Darreichung: frisch verzehrt oder zerdrückt als Einreibung oder Umschlag, frische oder getrocknete Blätter als Tee oder Küchengewürz, als Sud im Badewasser.
Unsere Rezeptecke:
Giersch-Badezusatz
500 g frische Giersch-Blätter mit ausreichend Wasser aufkochen und anschließend 15 bis 20 Minuten stehen lassen. Den Sud bei Bedarf abseihen und dem Badewasser zugeben. Bringt Linderung bei Gicht, Rheuma, Hexenschuss und Ischiasschmerzen.
Giersch-Tee
2 EL frische oder getrocknete Blätter mit 250 ml heißem Wasser aufgießen und fünf bis zehn Minuten abgedeckt ziehen lassen. Ein- bis zweimal am Tag in langsamen Schlucken trinken.
Giersch-Limonade
Ein bis zwei Handvoll frische GierschBlätter mit einem Stößel leicht andrücken und in ein hohes Gefäß geben. Mit 1 Liter Apfelsaft aufgießen und in Scheiben geschnittene Zitrone dazugeben. Mindestens eine Stunde (für einen besonders intensiven Geschmack über Nacht) ziehen lassen und vor dem Servieren mit Mineralwasser aufgießen. Für eine leckere Kräuterlimonade den Giersch mit Gundermann, Zitronenmelisse und anderen Kräutern nach Geschmack kombinieren.