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Echter Kamillenduft liegt in der Luft

in Gartenfachberatung

Kräuterapotheke im Kleingarten

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Diese Funde dürften selbst die Archäologen überrascht haben. Als diese die in der El Sidrón-Höhle im nordspanischen Asturien entdeckten Überreste von mehr als zehn Neandertalern untersucht haben, stießen sie in deren Zahnbelag auf Pflanzenreste. Und zwar von solchen Pflanzen, die offenbar schon damals bei gesundheitlichen Beschwerden eingesetzt wurden. Unseren Vorfahren war bereits vor rund 30.000 Jahren die heilende Wirkung der Kamille bekannt. Denn genau deren Reste fanden sich – zusammen mit denen anderer Kräuter wie der Schafgarbe – an den Zähnen der Urmenschen. Tatsächlich erwähnt wird die Echte Kamille (Matricaria chamomilla L.) jedoch erst in der Spätantike im dritten Jahrhundert vor Christus.

Neben den Griechen nutzen auch die alten Ägypter das Heilkraut und verwendeten es nicht nur zur Einbalsamierung ihrer Mumien, sondern auch bei entzündetem Zahnfleisch. Darüber hinaus symbolisierte das Kraut den ägyptischen Sonnengott und galt als die ihm gewidmete Blume. Schriften aus Griechenland belegen, dass die damaligen Heilkundigen die Kamille bei Hauterkrankungen und Geschwüren, aber auch bei MagenDarm-Problemen und Blähungen verordneten. Hierzulande ist die heilende Wirkung der Kamille ebenfalls nicht neu. Bereits die Germanen nutzten sie bei den verschiedensten Erkrankungen.

Kamille - Bekannteste Heilpflanze

Heute gehört die Kamille zu den bekanntesten Heilpflanzen, mit der viele bereits im Kleinkindalter in Berührung kommen. So manche Mutter und Großmutter verordnet bei Magenschmerzen bis heute eine Tasse Kamillentee. Dadurch verbinden viele Menschen mit dem charakteristischen Geruch der Kamille die verschiedensten Erinnerungen. Dabei stammt die Echte Kamille ursprünglich aus Kleinasien sowie Süd- und Osteuropa, ist heute jedoch in ganz Europa heimisch. Außerdem ist sie in Nord- und Südamerika und selbst in Australien zu finden.

Dafür sorgt auch ihre Anspruchslosigkeit an den Standort. Ideal sind nährstoffreiche Lehm- oder Tonböden, aber auch auf Ödland gedeiht das Kraut gut. Wichtig ist, dass der Boden eher trocken ist, da Staunässe der Pflanze nicht bekommt. Kamille ist einjährig und wird bis zu 50 cm hoch. Der eher kahle Stängel verzweigt sich nach oben hin und zeigt dort bis zu 7 cm lange wechselständige, zweibis dreifach fiederschnittige Laubblätter. Ab Ende Mai bis in den August bildet die Kamille Körbchenblüten von zwei bis drei Zentimeter Durchmesser aus. Die pelzig anmutende und markant gelbe Röhrenblüte wird von zarten, länglichen weißen Strahlenblütenblättern umkränzt und wölbt sich bis zum Ende der Blüte immer stärker zu einem hohlen Kegel auf. Durch die gelbe Mitte und die zarten weißen Blüten erinnert die Kamillenblüte an ein großes Gänseblümchen, welches jedoch durchdringend apfelartig nach Kamille duftet.

Verwendet werden die Kamillenblüten, die am besten dann geerntet werden, wenn sie zu etwa zwei Drittel verblüht sind. Sie enthalten das sich an der Luft schnell bläulich verfärbende Kamillenöl. Ein ätherisches Öl, welches man zum Beispiel durch die Destillation mit Wasserdampf gewinnen kann. Zudem sind Matricin, Bitterstoffe, Schleimstoffe, Cumarine, Gerbstoffe und mehr als 30 verschiedene Flavonoide in der Blüte zu finden. Die geernteten Kamillenblüten können frisch und getrocknet genutzt werden und wirken entzündungshemmend, krampflösend, schmerzstillend und antibakteriell. Sie werden innerlich – vor allem als Tee – bei Magen-Darm-Beschwerden, Magenkrämpfen, Blähungen und Menstruationsbeschwerden eingesetzt. Äußerlich als Salbe, Aufguss, Wickel oder Bad helfen sie bei Hautproblemen, Ekzemen, Schleimhaut- und anderen bakteriellen Entzündungen der Haut.

Die Echte Kamille blüht über den Sommer bis August und duftet durchgehend apfelartig. Foto: Andreas Hermsdorf/pixelio.de

Kamillenblüten werden gern von Schwebfliegen, Hummeln, Marienkäfern und weiteren Insekten besucht. Foto: johnnyb/pixelio.de

Kamille ist nicht gleich Kamille

Ein kleiner Kamillenstrauß eignet sich gern auch als Tischschmuck und verströmt den einzigartigen Geruch der Blüten. Foto: gänseblümchen/pixelio.de

Vor allem in der Zahnheilkunde findet sich die Kamille oft als Salbe oder Spülung bei Zahnfleischbeschwerden oder Erkrankungen der Mundhöhle. Allerdings sollten Kamillenprodukte nicht im Bereich der Augen angewendet werden, da es hier besonders häufig zu sonst eher seltenen allergischen Reaktionen kommen kann. In der italienischen Volksheilkunde kommt ein Kamillentee aus der gelben Mitte der Blüte auch als Schlaf- und Beruhigungsmittel zum Einsatz und wird dort gern vor dem Zubettgehen getrunken.

Es empfiehlt sich, die Echte Kamille im Kleingarten anzubauen und dort zu ernten. Zwar können die Blüten auch wild gesammelt werden, hierbei kommt es jedoch oft zu Verwechslungen.

Zum Beispiel mit der leicht giftigen Hundskamille. Diese enthält den Stoff Anthecotulid, welcher zu Hautreizungen, Atemproblemen und Magenproblemen führen kann. Bei Allergikern kann es sogar zu einem anaphylaktischen Schock kommen. Ob es sich um Echte Kamille oder Hundskamille handelt, erkennt man am Geruch. Während die Echte Kamille wohlduftend nach Kamille duftet, verströmt die Hundskamille einen eher unangenehmen Geruch. Ebenfalls sehr ähnlich ist die Römische Kamille. Diese steht jedoch – anders als die Hundskamille – der Echten Kamille kaum in ihrer Heilwirkung nach. Wer auf „Nummer Sicher“ gehen will, schneidet die gelbe Blüte einmal in der Mitte durch und prüft, ob diese einen hohlen Körbchenboden aufweist. Ist das der Fall, handelt es sich um die Echte Kamille. Die Römische Kamille (aber auch die Hundskamille) weist hingegen einen markigen Körbchenboden auf.

Wer eine Kamille findet, die nicht nach Kamille riecht, ist auf die Geruchlose Kamille gestoßen. Sie kann getrost stehen gelassen werden, da sie kaum Heilwirkung besitzt. Auch die Strahlenlose Kamille, die keine weißen Blütenblätter, sondern nur die gelbe Mitte aufweist, sollte nicht gesammelt werden.

Achtung: Der Anbau von Kräutern und Heilpflanzen zählt nur in geringem Maß zur kleingärtnerischen Nutzung gemäß der sächsischen Rahmenkleingartenordnung. Vorrang sollten immer Obst- und Gemüsepflanzen haben.

Steckbrief: Echte Kamille

  • Name: Matricaria chamomilla L., auch Apfelkraut, Carmelina, Hermandel, Kamelblume, Meydeblumen.
  • Familie: Korbblütler (Asteraceae).
  • Verbreitung: Ganz Europa, Süd- und Nordamerika bis nach Australien.
  • Standort: Nährstoffreiche Lehm- oder Tonböden; sonnig bis halbschattig, ohne Staunässe; wächst jedoch auch auf Ödland und an Weg- und Ackerrändern.
  • Aussehen: Krautige einjährige Pflanze mit kurzen, dünnen Wurzeln; bis zu 7 cm lange, wechselständige, zwei bis dreifach fiederschnittige Laubblätter; gelbe bis ockerfarbene, später kegelförmige Röhrenblüten mit länglichen, weißen Strahlenblüten.
  • Essbarkeit: Essbar, verwendet werden die Blüten.
  • Verwendung: Heil- und Duftpflanze; als Tee, Bad, Umschlag, Aufguss, Wickel oder Salbe.
  • Wirkung: Entzündungshemmend, antibakteriell, krampflösend, schmerzstillend, beruhigend.
  • Anwendung: Als Tee oder Aufguss zur innerlichen Anwendung oder zum Spülen im Mund- und Rachenraum sowie bei Magen-Darm-Beschwerden, Magenkrämpfen, Blähungen und Menstruationsbeschwerden; äußerlich als Umschlag, Salbe, Aufguss oder Bad bei Hauterkrankungen, Schleimhaut- und Hautentzündungen und Ekzemen.
  • Darreichung:  Frische oder getrocknete Blüten als Tee, Aufguss, Salbe oder Umschlag.

Unsere Rezeptecke:

Kamillen-Tee
Etwa drei Teelöffel getrocknete Blüten in eine Tasse geben und mit 250 ml kochendem Wasser übergießen. Tasse abdecken und etwa 10 Minuten ziehen lassen (Achtung: eine zu lange Ziehzeit führt zur Bildung von Bitterstoffen). Tee abseihen und auf Wunsch mit etwas Honig süßen und/oder mit etwas Zitrone verfeinern. Pro Tag können bis zu drei Tassen Kamillentee getrunken werden. Eignet sich auch als Spül- oder Gurgellösung sowie für Umschläge.

Kamillen-Salbe
Getrocknete Kamillenblüten in ein sauberes Schraubglas füllen (etwa bis zu einem Drittel Höhe) und mit einem hochwertigen Pflanzenöl (beispielsweise Olivenöl, Sonnenblumenöl oder Distelöl) auffüllen, bis alle Pflanzenteile gut bedeckt sind. Glas zuschrauben und an einem warmen Ort ohne direktes Sonnenlicht etwa vier Wochen ziehen lassen. Dabei jeden zweiten Tag schütteln. Anschließend Pflanzenteile durch ein sauberes Tuch abseihen und das Öl in ein dunkles Gefäß füllen. 30 ml des Kamillenölauszugs mit 20 g Bienenwachs (beispielsweise aus der Apotheke oder vom Imker) in ein feuerfestes Glas geben und in einem heißen Wasserbad schmelzen lassen (nicht kochen). Ist die Mischung flüssig, diese gut miteinander vermischen und in ein sauberes Glas füllen. Glas nach dem Abkühlen verschließen. Hält sich verschlossen etwas ein Jahr und lässt sich äußerlich bei Hauterkrankungen und Entzündungen verwenden.