Wenn Ärger droht im Kleingartenparadies
Schlichter haben in Kleingärtnervereinen und -verbänden eine hohe Verantwortung
3 Min. Lesedauer
Wenn viele Menschen auf engem Raum zusammenkommen, bedarf es klarer Regeln, um Konflikte zu vermeiden oder zu lösen. Doch das Offensichtliche ist leider keine Selbstverständlichkeit. Immer wieder wird der Frieden im Gartenparadies von einzelnen Gartenfreunden gestört.
Warum? Urteilen Sie selbst:
Nur einzelne Pächter stören das Miteinander
In einem Verein fütterte eine Tierfreundin streunende Katzen und Wildvögel. Die Katze scharrt auf Beeten, und die Vögel verteilen das Futter auch bis in den Gartenteich des Nachbarn, von den anderen Hinterlassenschaften ganz zu schweigen. Dann gab es Beschwerden des Teichbesitzers, und die Fütterung sollte eingestellt werden.
Dieser Streit zieht sich inzwischen über mehrere Jahre. Zwar hält sich die Tierfreundin an das Fütterungsverbot fremder Katzen, doch um Vögel zu unterstützen und beobachten zu können, möchte sie auf die Fütterung nicht verzichten. Es reicht dem Teichbesitzer nicht, dass die Futterstelle umgebaut wurde und keine Backwaren mehr verfüttert werden. Trotz des Entgegenkommens seiner Nachbarin fordert er vom Vorstand ein Verbot auszusprechen, welches ungerechtfertigt ist und wozu dieser vermutlich auch nicht berechtigt wäre.
In einem anderen Verein ist ein Streit zwischen Pächtern eskaliert. Hier hatte Familie A vor Jahren eine flache Mauer nahe an ihre Gartengrenze gesetzt. Nachdem es aus unbekannten Gründen zu Spannungen mit den Nachbarn B kam, haben diese ihrerseits eine Sichtschutzwand auf die Grenze gesetzt. Dadurch entstand ein schlecht zu pflegender „toter Streifen“ zwischen neuer Holzwand und alter Mauer. Um des Friedens willen hat der Vorstand, trotz fehlendem Grenzabstand, im Nachhinein dem Bau der Sichtschutzwand zugestimmt. Gegen diese gefühlte Beeinträchtigung seiner Rechte widersprach Familie A. Ein Vermittlungsversuch brachte einen Kompromissvorschlag, die Wand wurde niedriger und abnehmbar gestaltet. Dadurch wäre die Pflege des genannten Streifens möglich und das Problem gelöst. Doch der Streit wurde von Familie A sogar vor ein ordentliches Gericht gebracht, wo sie dann in zwei Instanzen unterlag.
Sicher, der Fall war komplexer als hier dargestellt, doch dieses Beispiel zeigt deutlich, wie wichtig die Einhaltung von Regeln ist.
Ein klares Wort hilft zur rechten Zeit – stets im kameradschaftlichen Ton
Ursachen von Auseinandersetzungen liegen häufig in einer schwachen Kommunikation. Das beginnt bereits bei der Aufnahme neuer Vereinsmitglieder. Bewerber sollten wissen, dass sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten einen Beitrag für die Gemeinschaft und den Erhalt der Anlage zu leisten haben. Wer dies will, dem kann ein Pachtvertrag angeboten werden. Gemeinsame Arbeit und Geselligkeit sowie das Mitreden im Verein schaff en ein „Wir-Gefühl“, vor dessen Hintergrund sich Streitigkeiten vermeiden oder schneller beenden lassen.
Auch fehlendes Wissen über die Nutzung einer Kleingartenparzelle führt zu Missverständnissen und Problemen. Da ein Kleingarten durch das BKleingG in besonderer Weise geschützt wird, sind gesetzliche Bestimmungen einzuhalten. Diese finden ihren Ausdruck u.a. in der Rahmenkleingartenordnung des LSK und in verschiedenen Vereinsordnungen bzw. -beschlüssen. Jeder Vorstand ist gut beraten, seine Forderungen und Werte klar und überzeugend zu vermitteln.
Manchmal treten die ersten Probleme bereits mit Beginn der Umgestaltung der Parzelle auf. Was auf der „eigenen“ Parzelle zum Wohlbefinden beiträgt, kann angrenzende Flächen beeinträchtigen. Gerade Neugärtner unterschätzen z.B. den Platzbedarf von Gehölzen und ignorieren festgelegte Grenzabstände. Eigentlich sollen dadurch die Kulturen im Nachbargarten vor übermäßigem Schattenwurf oder Wurzeldruck geschützt und jedem Pächter die Nutzung bis an die Parzellengrenze gesichert werden.
Auch aus diesem Grund muss ein Vorstand in angemessener Weise auf Verstöße reagieren. Ebenso kommt es auf die kameradschaftliche Unterstützung durch Fachberater, Bauverantwortliche oder andere erfahrene Gärtner an, um Fehler und somit auch Streit und Ärger zu vermeiden.
Manch einer meint, weil sein Nachbar einen separaten Schuppen in der Parzelle hat, steht ihm das gleiche Recht zu. Solange nicht gesagt wird, dass es einen Bestandsschutz für bestimmte Baulichkeiten gibt, die vor 1990 errichtet wurden und besagter Schuppen darunter fällt, wird dieser Pächter sich immer benachteiligt fühlen. Ein klares Wort zur rechten Zeit ist unerlässlich.
Damit eine Ausnahme nicht zur Regel wird
Leider gibt es auch Zeitgenossen, die ihre Meinung und ihren Willen über das Interesse der Gemeinschaft stellen und so jegliche Schlichtung unmöglich machen. In solchen Fällen muss der Vorstand die Gemeinschaft schützen und egoistischem Treiben konsequent Einhalt gebieten. Werden Ausnahmen zugelassen, führt dies häufi g dazu, dass diese Ausnahmen zur Regel werden bzw. den Frieden der Kleingärtnergemeinschaft gefährden.
Nur weil in der Vergangenheit vielleicht Unrecht bei einzelnen geduldet wurde, entsteht daraus kein Recht. Ehe sich massive Probleme für die Zukunft entwickeln, sollten die Möglichkeiten im Pacht- und Vereinsrecht genutzt werden, sich von Störenfrieden zu trennen.
Auch richtig streiten will gelernt sein
Kaum ein Vorstand ist Psychologe und einfühlsamer Pädagoge, mitreißender und überzeugender Redner, strategischer Denker und Organisationstalent, entscheidungsfreudiger Chef und gleichzeitig Teamplayer in einer Person. Daher sehen die meisten Vereinssatzungen vor, neben dem Vorstand auch Schlichter zu wählen.
Nicht selten werden lebenserfahrene, kluge, emphatische und von allen respektierte Gartenfreunde in dieses Amt gewählt. Ob als Schlichtergruppe oder als Mediator – sie leisten einen wirksamen Beitrag, in Konfliktsituationen zu vermitteln und Lösungswege aufzuzeigen.
Kennen Sie die Schlichter Ihres Vereins oder findet sich seit Jahren niemand für diese Aufgabe? Gut, wenn es keinen Ärger gibt und Schlichter überflüssig sind. Besser wäre es jedoch, wenn jemand bei Bedarf zum Schlichten bereitsteht. Durchdenken Sie die Situation in Ihrem Verein und reden Sie im Vorstand darüber.
LSK bietet für Schlichter Online-Schulung an
Das Präsidium unseres Landesverbandes hat sich für 2022 viel vorgenommen. Wesentlicher Bestandteil seiner Arbeit ist u.a. die weitere Qualifizierung von Vorständen und anderen ehrenamtlich Tätigen, darunter auch der Schlichter der Verbände. Die für den 19. März 2022 geplante Schulung für Verbandsvorsitzende und Schlichter zu diesem Thema muss verschoben werden.
Sachlichkeit, Ehrlichkeit sowie Respekt voreinander sind die Basis für eine Schlichtung, sodass man sich anschließend die Hände reichen und gegenseitig in die Augen schauen kann.
Gartenfreund - Sachsen aktuell
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